Sammlung U.von Stockhausen/Archiv VHAG Strab MH

Archiv VHAG Strab MH

Heute wie damals - Verkehrshistorie

März 1955 - Rentner? Nein danke! - Triebwagen 227 wird im März 2020 65 Jahre alt. Der Triebwagen 227 ist Bestandteil einer erstmals 1954 beschafften Fahrzeugserie, die sich in wesentlichen Punkten von ihren Vorgängern unterscheidet. Es handelte sich um Drehgestell-Fahrzeuge in Einrichtungs-Bauweise, d.h. um Wagen mit nur einem Fahrerplatz und mit Türen nur an der rechten Fahrzeugseite. Der Schaffner erhielt einen festen Platz und es war der sogenannte Fahrgastfluß von hinten nach vorne eingerichtet. Da sich die Triebwagen 220 bis 225 gut bewährten, erfolgte unmittelbar ein Anschlussauftrag von fünf weiteren Triebwagen mit den Nummern 226 – 230, die bereits von Januar bis März 1955 zur Ablieferung kamen.

Entsprechend der fortgeschrittenen technischen Entwicklung erhielten die Fahrzeuge stärkere Motoren, den neuentwickelten DÜWAG-Längsantrieb, neuartige Scherenstromabnehmer, elektrische Türantriebe und automatische BSI-Kupplung mit elektrischem Kuppelaufsatz für das Mitführen eines vierachsigen Beiwagens. Neu war auch, dass die Fahrzeuge keine Kurbel mehr hatten; erstmals besaßen sie Fahrschalter mit Knüppelbetätigung. Bei dieser Bedienungsart ist die Bewegung nach vorn mit „Fahren" und die nach hinten mit „Bremsen“ gleichzusetzen. Der Fahrschalter erhielt zusätzlich einen Drehmomentverstärker als Schalthiife, um dem Fahrer das Schalten zu erleichtern.

Im Jahre 1964 wurde der Wagen 227 als erstes Fahrzeug zu Versuchszwecken in einen Einmannwagen umgebaut und den neueren technischen Bestimmungen angepasst. Der Schaffnerplätze wurde ausgebaut, alle Türen automatisiert und Fahrausweisentwerter für die Fahrgast-Selbstbedienung installiert.  Ab 1968 erhielt der Triebwagen elektromechanische Federspeicherbremsen der Bauart Raco.

Im November 1975 wurde im Rahmen der anstehenden Hauptuntersuchung die neue gelb-graue Mülheimer Farbgebung aufgebracht, wobei die langjährige „Tisserand“-Werbung verschwand. Der bisherige Scheren-Stromabnehmer erfuhr einen Tausch gegen einen Einholm-Stromabnehmer. Anfang 1985 wurde der Wagen mit einer vereinfachten induktiven Weichensteuerung versehen.

Der Wagen 227 wurde im Rahmen einer Hauptuntersuchung auf Bitten der schon damals im Betrieb aktiven Straßenbahnfreunde im Jahre 1991 wieder in sein früheres Aussehen im cremefarbenen Design mit Stadtwappen und Scheren-Stromabnehmer versetzt und nach dem Ende im Linienverkehr als Museumswagen eingesetzt. Dabei erhielt er zum Befahren von Zugsicherungsstrecken sogar eine entsprechende Ausrüstung und erreichte dadurch im Rahmen von Sonderfahrten Ziele wie z. B. Bochum-Gerthe. Im Rahmen der Stilllegung der Styrumer Strecke der Linie 110 war er dort am 3.10.2015 das letzte Fahrzeug, das dort fuhr. Aktuell ist der Wagen abgestellt und wartet auf seine nächste Hauptuntersuchung, die den immer noch gut aussehenden „Rentner“ möglichst lange wieder zu schönen Reisen im Meterspurnetz des Ruhrgebiets befähigen soll.

Herzlichen Glückwunsch also lieber 227 und auf eine hoffentlich lange Lebenszeit!

Technische Daten
Hersteller:DUEWAG
Baujahr/Inbetriebnahme:März 1955
Länge:14,10 m
Drehzapfenabstand:6,00 m
Achsstand:1,80 m
Gewicht:17,1 t
Sitzplätze:29
Motoren:2 X 95 kW