Neubau der Kreuzung an der Stadthalle Anfang der 1970er-Jahre (Archiv VHAG Strab MH)

Blick in den Kassenberg noch mit Straßenbahn von der Kreuzung Stadthalle (Archiv VHAG Strab MH)

Endstelle Saarn-Klostermarkt vor Umbau mit Dreieck. (Happel/Archiv VHAG Strab MH)

Endstelle Broich, Waldschlößchen Höhe Wallfriedsweg (Happel/Archiv VHAG Strab MH)

Waldschlößchen ca. 1972 vor dem Umbau der Kreuzung (Sammlung Schwarz/VHAG Strab MH)

Bülowstraße/Haagerfeld ca. 1972 (Sammlung Schwarz/VHAG Strab MH)

Heute wie damals - Verkehrshistorie

Die Straßenbahn kommt vor 110 Jahren von der Innenstadt nach Saarn und Broich.

Seit 1910 befand sich die neue 2. Schloßbrücke im Bau. Die Gemeinden Broich, Saarn und Speldorf sahen es als zweckmäßig an, sich nach Mülheim zu orientieren und daher hatte sich Mülheim in den Eingemeindungsverträgen zum 1. Januar 1904 mit den links der Ruhr liegenden Gemeinden zum Bau von Straßenbahnstrecken nach Fertigstellung der neuen Ruhrbrücke verpflichtet. Denn eine Konkurrenz aus Westen war schon vorhanden. Die Bedeutung der Straßenbahnstrecke aus Duisburg konnte man daran erkennen, dass bei einer Fahrgastzählung zu Pfingsten 1905 doppelt so viel Personen gezählt wurden, wie auf allen bis dahin in Mülheim vorhan-denen Strecken zusammen.

In einer Bauzeit von nur 16 Monaten wurde die neue Ruhrüberquerung fertig gestellt. Straßenbahngleise für Meter- und Regelspur waren schon eingebaut und sie war als „Dreigelenkbogenbrücke“ mit zwei Fluss- und einer Uferöffnung ausgelegt. Die Bö-gen bestanden aus Klinkermauerwerk, das mit Ruhrsandstein verblendet war. Am 24. Februar 1911 konnte die 14 Meter breite Schloßbrücke bereits eingeweiht wer-den, aber wegen umfangreichen Gleisbauarbeiten in Broich sind die beiden Straßen-bahnstrecken nach Saarn und zum Waldschlösschen erst am 1. Juni bzw. am 11. Juni 1911 eröffnet worden. Ab 15. Juni 1911 konnte die Duisburger Linie 2 von Rosendahl aus ebenfalls über die Brücke bis zur Endstelle an der Ruhrstraße und spä-ter in die Schollenstraße geführt werden. Allerdings noch unter eigenem Fahrdraht!

Das Jahr 1911 brachte noch die Einführung der Linienbezeichnung nach Buchstaben und verschiedenfarbiger Richtungsschilder. Die Linienbuchstaben waren seitlich auf den Richtungsschildern aufgebracht und es gab farbige Zielschilder oberhalb der Fronten auf den Wagendächern. In diesem System bekam die Saarner Linie die Be-zeichnung „S“ und die Linie zum Waldschlösschen „W“. Die Schilder waren für Saarn in rot und für Waldschlösschen in grün dargestellt.

Bereits am 10. Juli 1912 wurde die Strecke vom „Waldschlößchen“ aus bis zum Uhlenhorst in die geplante Gartenstadt verlängert. Hier endete die Straßenbahn in einer Schleife, so dass die Fahrgäste praktisch bis vor die Tische des „Caffee Uhlenhorst“ gefahren wurden. Das im gleichen Jahre von der „Broich-Speldorfer Wald- und Gartenstadt A.G.“ erbaute Restaurant, erwies sich wegen der häufig angebotenen Konzerte und durch Anlegen von großzügigen Spazierwegen sehr bald als beliebtes Ausflugslokal und besonders an Wochenenden entstand auf dieser Linie ein reger Ausflugsverkehr.

Die Linienbezeichnungen änderten sich dann auf:

Linie 4 (grün) Waldesruh, Broich, Rathausmarkt, Heißen, Frohnhausen

Linie 6 (rot) Bahnhof Mülheim, Rathausmarkt, Saarn

Die Linie 18, die mittlerweile aufgrund des hohen Andrangs alle 10 Minuten fuhr, konnte nach Fertigstellung der Ruhrbrücke am Raffelberg an der 1910 eröffneten Pferderennbahn vorbei über das Solbad (eröffnet 1909) zur Duisburger Straße mit Umsteigemöglichkeit zur Duisburger Straßenbahn am 12. September 1917 verlängert werden. Dies war die dritte Linie zur linken Ruhrseite. Eine Weiterführung der Strecke entlang der Akazienallee und westlich des Katzenbruchs bis zum Uhlenhorstweg mit Anschluss am Caffee Uhlenhorst mit Einführung einer Ringlinie kam leider nicht zum Zuge.

Der Ausbruch des 2.Weltkrieges am 1. September 1939 traf den Verkehrsbetrieb nicht unvorbereitet. Der letzte Vorkriegslinienplan gestaltete sich wie folgt:

Linie 11 Uhlenhorst – Borbeck – Essen Hbf - Alfredusbad

Linie 11E Uhlenhorst – Grenze Borbeck (bis 22. Mai 1937 Linie 13)

Linie 15 Saarn – Eppinghofen Bhf. - Lipperheidebaum

Bereits kurz nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurden mit konkreten Pla-nungen eines Oberleitungsbus-Netzes begonnen, weil zu diesem Zeitpunkt die technische Entwicklung der Omnibusse zu wünschen übrig ließ und darüber hinaus die Treibstoffversorgung sehr schlecht war. Vom Busbahnhof an der Porschestraße (im Bereich des heutigen Hans-Böckler-Platzes am Hauptbahnhof) waren Linien zum Speldorfer Friedhof, nach Holthausen zum Oppspring über Bismarckstraße, zum Uhlenhorst über Waldschlösschen mit Abzweig zum Oemberg geplant. Auch nach Saarn zum Klostermarkt und weiter nach Selbeck sollten Obuslinien eingerichtet werden. Dort waren bereits Grundstückskäufe zur Einrichtung von Unterwerken vereinbart. Im Betriebshof lagerten bereits Maste und Fahrleitungsmaterial sowie drei Henschel-Fahrgestelle. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung führte kurz nach der Währungsreform dazu, dass das Obus-Projekt aufgegeben wurde.

Die zwischen Klostermarkt Saarn über Mülheim Stadtmitte zum Oberhausener Hauptbahnhof verkehrende Linie 16 wurde mit der zwischen dem Hauptbahnhof Oberhausen und dem Bahnhof in Oberhausen-Holten verkehrenden Linie 1 der Oberhausener Stadtwerke zusammen gelegt und ab dem 01. September 1954 als Linie 1 durchgehend betrieben. Neben dem erreichten Rationalisierungserfolg wurde durch diese Nord-Süd-Strecke eine zügige Verbindung zwischen dem Industriezent-rum Oberhausen-Sterkrade und den Ausflugsgebieten an der Ruhr geschaffen.

„Pünktlich“ zum Weihnachtsfest wurde am 23. Dezember 1960 um 14.32 Uhr die Dreieckskehre am Klostermarkt in Saarn dem Verkehr übergeben und löste damit die am 20. August 1954 Umsetzanlage mit Überholgleis ab. Diese Maßnahme fand im Zusammenhang mit dem Ausbau der Kölner Straße und der Verbreiterung der Mendener Brücke von zwei auf vier Spuren statt. Dadurch mussten vor der Kloster-marktschule die Gleise verlegt werden. Gleichzeitig war die Dreieckskehre geschaf-fen worden, damit künftig Großraumwagen dort die Möglichkeit hatten, zu wenden.

Zum Fahrplanwechsel am 11. Oktober 1964 wurden in Mülheim die Linienäste der Linien 1 und 11 getauscht. Die Linie 11 wurde wegen ihrer Verspätungsanfälligkeit von Essen aus kommend nach Saarn verlegt, weil dort als Ausgleich eine längere Wendezeit eingerichtet werden konnte.

Wegen Straßenbaumaßnahmen im Zuge der Bundesstraße 223 ist am 04. Mai 1968 der Streckenabschnitt zwischen Stadthalle und Saarn Klostermarkt im Schienenver-kehr aufgegeben und durch eine Omnibuslinie ersetzt worden. Das wiederverwend-bare Schienen- und Oberleitungsmaterial konnte bei den anfallenden Instandset-zungsarbeiten und Provisorien genutzt werden.

Streckenführung:

Die Strecke über Broich bis zum Uhlenhorst behielt bis zur Inbetriebnahme des Ruhrtunnels im September 1998 ihre ursprüngliche Führung bei. Durch den zweigleisigen Ausbau in den 1960er- Jahren veränderte sich aber punktuell die Gleislage in ihrer Lage. Diese Maßnahmen trafen besonders die Bereiche am Broicher Friedhof/Holzstraße und am Waldschlößchen. Mit der Anbindung des Ruhrtunnels entfile die Führung über die Bülwstraße und das Haagerfeld. Die Strecke über die Schloßbrücke dient heute nur noch Ein- und Ausrückfahrten von und zum Betriebshof an der Duisburger Straße. Gleichzeitig „verschwand“ 1999 die Linie 901 der DVG in Broich im Tunnel, den sie seither gemeinsam mit der Linie 102 befährt. Aktuell wird wieder über eine Kürzung der Strecke im Bereich Broicher Friedhof/Heuweg nachgedacht.

Nach Saarn folgte die Strecke dem Kassenberg und anschließend stets auf der Düsseldorfer Straße bis zum Klostermarkt. Ab Alte Straße ging es teilweise eingleisig und zum Ende der Strecke hin recht kurvig durch den engen Saarner Ortskern. Der Bereich Kassenberg war mit ein Grund für die Stilllegung der Strecke. Die Gleise bogen an der Stadthalle oberhalb der der heutigen Straße „Ruhrufer“ ab und stiegen sofort auf das Niveau der noch stehenden Häuser an. Im Bereich der Graf-Wyrich-Straße begann ein Gefälle auf das Niveau des bestehenden Kassenberg. Die neue Straßenführung war bereits ohne Straßenbahn geplant und gebaut.

Der Neubau einer Straßenbahn nach Saarn beschäftigt aber bereits seit mehreren Jahrzenten phasenweise immer wieder die Mülheimer Politik. Wurde zu Anfang noch eine Führung ab Waldschlößchen und Schneisberg überlegt, gibt es mittlerweile Untersuchungen ab Heuweg über die Saarner Straße Saarn-Zentrum zu erreichen mit Verlängerung zur Saarner Kuppe über die Straßburger Allee und Kölner Straße. Zur Zeit scheitert dies aber am Widerstand der Saarner Bürger und diverser Politiker.