Heute wie damals - Verkehrshistorie

Arbeitswagen in Mülheim

Im Herbst 1936 wurden auch die Triebwagen der zweiten Serie, Triebwagen 20 - 26 verschrottet, nachdem davon ein Fahrzeug bereits 1934 ausgemustert wurde. Diese Triebwagen hatten ab 1931 nur noch Arbeitswagendienste zu verrichten.

Die Fahrzeuge dieser Serie und ihre Verwendung: 

  • 20 und 21 waren zuletzt Gütertriebwagen 
  • Triebwagen 26 als Gerätewagen im Einsatz 
  • Triebwagen 27 mit einem Kessel im Innenraum als Schmirgel- oder Sprengwagen mit Wasser 
  • Triebwagen 28 diente als Schleifwagen und die 
  • Wagen 29 und 30 waren mit einem Schneepflug ausgerüstet. 

Als deren Ersatz wählte man ab 1934 die kleinste Serie der Mülheimer Straßenbahn aus.

  • Triebwagen 74 diente bereits im Herbst 1934 behängt mit einer Lore als Arbeitswagen, erhielt jedoch erst im September 1936 eine graue Lackierung und auf beiden Seiten anstelle des dritten Fensters jeweils eine Schiebetür eingebaut. 
  • Bis zu diesem Zeitpunkt waren auch die Wagen 75 und 76 zu Arbeitswagen entsprechend ihres Verwendungszweckes umgebaut, Wagen 76 allerdings ohne Schiebetüren.

Darüber hinaus wurden bis zum 31. Dezember 1954 an 31 Trieb- und 21 Beiwagen Fensterscheiben erneuert, weil nach Änderung der Verordnung über den Bau- und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) vom 01. September 1953 in den Straßenbahnen alle quer zur Fahrtrichtung angebrachten Scheiben nur noch aus splitterfreiem Glas bestehen durften. In diese Maßnahme fiel auch der Umbau der Plattformen bei den Triebwagen 202 und 207 sowie 209 - 218, die mit einteiligen vergrößerten Windschutzscheiben ausgestattet wurden einschließlich Liniennummern- und Zielschildkasten.

Wagen der Baujahre bis 1917 waren in den 1950er-Jahren dem Verkehr nicht mehr gewachsen und bis auf einige zwischen 1955 und 1958 umgebaute Arbeitswagen (Triebwagen 34, 39, 63 und 68) ausrangiert. Diese Arbeitswagen schieden aber bereits Ende 1959 alle aus dem Dienst aus und wurden im Betriebshof Styrum zerlegt.

Darüber hinaus wurde 

  • Triebwagen 66 1958 in einen Reklametriebwagen umfunktioniert, der nur im Plattformbereich Fenster für den Fahrer aufwies und auf den begradigten Seitenwänden für Ganzreklame bis Ende 1959 gechartert werden konnte.

1959 wurde die Triebwagenserie 201 - 208 aus dem Linienverkehr abgezogen. 

Triebwagen 206 war bereits am 23. Juni 1943 zerstört worden.

  • Triebwagen 208 wurde im Juli 1960 ausgemustert 

Die restlichen Wagen dieser Serie wurden ab 1959 zu Arbeitswagen umfunktioniert mit entsprechender grauer Lackierung und ersetzten alle anderen bisher eingesetzten Arbeitsfahrzeuge. 

Beschreibung der weiteren Verwendung dieser Fahrzeugserie:

  • Der Arbeitstriebwagen 201 der Weichenschlosserei bekam später die orangefarbene Lackierung nach RAL 2000 (vom damaligen Bundesverkehrsminister Seebohm allgemein als Warnlack empfohlen und daher auch Seebohm-Orange genannt). Nach seiner Ausmusterung 1975 erhielt er von einem Werkstattmitarbeiter zu Fotozwecken einseitig wieder seine Originallackierung im Personenverkehr. Anschließend erfolgte die Zerlegung.
  • Arbeitstriebwagen 202 war als Kurvenschmierwagen eingesetzt, um die Reibungsgeräusche der noch vorhandenen Zweiachser in engen Gleisbögen zu vermindern. Zu diesem Zweck bekam er ebenfalls einen Anstrich in Orange. Kurzzeitig verkehrte er bis 1975 noch mit der Nummer 402.
  • Arbeitstriebwagen 203 wurde 1959 Reklamewagen (im Einsatz bis 1964, Verschrottung Oktober 1965) und ersetzte damit den bisherigen Reklametriebwagen 66. Das Fahrzeug war an allen Seiten mit weißen Platten versehen, die als Werbeträger dienten. Bekannt sind diverse Werbungen für „Doornkaat“, aber auch für die Zeitschrift „Constanze“.
  • Der Arbeitstriebwagen 204 wurde als Schweißwagen eingesetzt und dazu auf einer Seite im Bereich des ehemaligen Fahrgastraums mit einer großen Schiebetür ausgestattet. Ausmusterung im März 1970  
  • Arbeitstriebwagen 205 war speziell als Schleppwagen ausgerüstet worden um Schienenloren zu ziehen. In Wintermonaten konnte man dieses Fahrzeug oft mit dem Salzbeiwagen Nr. 9 beobachten. Ausmusterung nicht bekannt.
  • Arbeitstriebwagen 207 kam als Gerätewagen bei Entgleisungen zum Einsatz.

Bei der Bildung von Arbeitszügen waren nur die Triebwagen 201 und 205, in Ausnahmen der Triebwagen 204, zugelassen.

Der letzte dieser Arbeitswagen, Wagen 207 (407) schied 1978 aus und wurde verschrottet.

Durch zahlreiche Baumaßnahmen im Mülheimer Streckennetz bestand in den 1960er Jahren ein erhöhter Bedarf an Arbeitswagen, die über eine höhere Motorleistung verfügten. Im Bedarfsfall konnten für Arbeitseinsätze auch die weiterhin im Personenverkehr eingesetzten Triebwagen 209 bis 218 verwendet werden. Ab Ende 1964 begann der Umbau des Triebwagens 212 zum Arbeitstriebwagen 212. Das Fahrzeug behielt sein ursprüngliches Aussehen inklusive Lackierung. Der Verbleib des Arbeitstriebwagens 212 ist nicht abschließend zu klären, er soll nach diversen Quellen 1978 an das Straßenbahnmuseum Hannover gegangen sein. Ab 1968 wurden nur noch die Triebwagen 216 und 217 bei Arbeitszügen mit Loren eingesetzt. Bei Bedarf durften die Triebwagen 83 bis 87 ebenfalls in diesen Diensten verwendet werden.

Im November 1970 wurde erneut ein Triebwagen des Personenverkehrs,  der bereits eine wechselvolle Geschichte hinter sich hatte, zu einem Arbeitstriebwagen umgebaut. Verwendet wurde der Triebwagen 83, der zum Arbeitstriebwagen 401 wurde. Das Ursprungsfahrzeug mit der Nummer 83 ist 1941 als sogenannter „Niederflurwagen“ auf Basis des geplanten Einheitsstraßenbahnwagens geliefert worden. Bereits 1947 brannte dieser Wagen durch einen Kurzschluss in der Beleuchtungsanlage komplett aus. Im Rahmen der laufenden Beschaffung von Aufbauwagen (neuer Wagenkasten auf alten Fahrwerken) erhielt das übrig gebliebene Fahrwerk einen neuen Wagenkasten, der seine ehemalige Nummer behielt. Auffällig war dabei die seitliche Fahrwerksverblendung, die ihn von den anderen Triebwagen seiner Serie unterschied.

 

Beim Umbau wurde ein Wagenende für die Aufnahme eines Schneepflugs angepasst. Der Arbeitstriebwagen 401 bekam die orangefarbene Lackierung nach RAL 2000, dabei wurden die Seitenscheiben teilweise in der neuen Wagenfarbe mit lackiert. In den Wintermonaten war der Triebwagen meist mit der Salzlore 9 (später 409) im Streckennetz anzutreffen. Seine Abstellung erfolgte im Oktober 1982 nach Eintreffen des Arbeitstriebwagens 402 von der Vestischen Straßenbahn, die Verschrottung fand im Frühjahr 1983 statt. 

Der letzte Umbau eines Triebwagens zur Fahrgastbeförderung in einen Arbeitswagen betraf den ehemaligen Oberhausener 3-Achser 232. Aus diesem Fahrzeug entstand 1978 der Arbeitstriebwagen 420. Er fand seine Verwendung in der Regel als Schleppwagen auf dem Betriebshof und wurde im Mai 1984 ausgemustert und zerlegt. Äußerlich beschränkte sich der Umbau auf die Anbringung von Warnstreifen an den Wagenenden.  

Die Mülheimer Straßenbahn besaß zusätzlich zu den beschriebenen Fahrzeugen, die alle aus ehemaligen Triebwagen des Personenverkehrs entstanden sind, über einige Spezialfahrzeuge.

  • Sprengwagen 1

Das Fahrzeug wurde 1910 zum Binden des Staubs auf den damals noch unbefestigten Straßen Mülheims beschafft. Der Einsatz erfolgte gemeinsam mit einem Bediensteten der Stadt Mülheim, der sich um die Sprengvorrichtung kümmerte. Weitere Details sind in einem speziellen Bericht beschrieben, der bereits auf der Webseite des Vereins veröffentlicht ist. 

  • Schienenschleifwagen 77

Zur Oberflächenbehandlung der Schienen beschaffte die Mülheimer Straßenbahn 1938 einen Schienenschleifwagen von der Firma Schörling in Hannover. 1960 musste der völlig morsche hellbeige Holzaufbau ersetzt werden und der Wagen bekam einen grauen Stahlaufbau, der sein Erscheinungsbild sehr veränderte.

Der 1960 umgebaute Wagen erhielt zunächst wieder die Nummer 77, die sich an die frühere Arbeitswagenserie 74 bis 76 anschloss. Anfang der 1970er-Jahre wurde das bis dahin graue Fahrzeug mit dem für Arbeitswagen vorgesehenen orangenen Anstrich versehen und mit der Nummer 408 gekennzeichnet. 

Das Fahrzeug stand so bis Mitte 1983 in Betrieb, wurde 1984 ausgemustert und nach einer gescheiterten Abgabe an ein Museum in Frankreich in Mülheim zerlegt.

  • Schienenschleifwagen 402

Im Jahre 1982 konnten die Betriebe der Stadt Mülheim an der Ruhr von der in Stilllegung befindlichen „Vestischen Straßenbahn“ deren Schleifwagen 1002 übernehmen. Der 1952 für die Straßenbahn Solingen bei Schörling gebaute Wagen konnte mit eigener Kraft am 01.10.1982 von Recklinghausen nach Mülheim überführt werden, nachdem er bereits 1959 mit eigener Kraft von Solingen nach Recklinghausen kam. Eine heute undenkbare Fahrt.

Nach geringen Anpassungen bekam er in Mülheim die Wagennummer 402 und versah seinen Dienst bis 2008, in den Wintermonaten sogar mit angebauten Schneepflügen. In dieser Funktion ersetzte er den Arbeitstriebwagen 401.

Der Einsatz des Fahrzeugs war aufgrund diverser Schäden und seines Alters im täglichen Betrieb nicht mehr wirtschaftlich. Im Jahr 2009 überführten Mitglieder der Mülheimer VHAG den Wagen im Schlepp des Triebwagens 259 mit Schutzwagen 322 am Zugschluß nach Essen, wo seine Aufarbeitung in den Museumszustand der Straßenbahn Solingen durch die EVAG und die VHAG EVAG begann. Nach seiner Instandsetzung und Neulackierung in Dunkelgrün als Triebwagen 41 konnte das Fahrzeug an seinen heutigen Einsatzort, die Bergische Museumsbahn in Wuppertal, transportiert werden.

Sein Ersatz im Mülheimer Netz ist der Schleifwagen 641, von der EVAG beschafft und heute im Besitz der Ruhrbahn.

Im Streckennetz der Ruhrbahn, somit auch in Mülheim, verkehrt gelegentlich der Arbeitstriebwagen 616. Dieses Fahrzeug entstand 2010 aus dem Essener Wagen 1115, einem M8C-Triebwagen mit Baujahr 1979. Das Mittelteil wurde entfernt und einige Türen umgebaut, um an Hochbahnsteigen Material ausladen zu können. Weitere Informationen zu diesem Fahrzeug erfolgen zu einem späteren Zeitpunkt.

Zu Transportzwecken beschaffte die Mülheimer Straßenbahn einige Arbeitsbeiwagen bzw. Loren. Über diese Fahrzeuge wird in einer eigenen Chronik berichtet.